Planspiele zwischen Sissi, Jubelkraut und Flaggenmeer

„Schwarzenbergplatz" im Kasino

Von PETERJ.AROLiN

06.12.2004 / Kurier

In ihrem letzten Projekt „deadline" standen Sterben und Tod im Mittelpunkt. Jetzt wagt sich das international gefeierte Künstlerkollektiv „Rimini Protokoll" auf das glatte Parkett der Diplomatie. Im Kasino bitten HelgardHaug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel - sie stehen hinter Rimini Protokoll - zu einem Staatsschauspiel der etwas anderen Art: Denn in „Schwarzenbergplatz" verschwimmen alle Grenzen zwischen Theater und Realität, zwischen Tragik und Komik. Ein Volltreffer.
Wie in allenArbeiten greifen Rimini Protokoll auch bei „Schwarzenbergplatz" auf so genannte „Experten" zurück, auf Menschen, die ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Thema Diplomatie haben. Da ist die ExGeneralkonsuls-Gattin, die ihren „letzten Auftritt" in Ascott hatte. Da spricht der Leiter der Verwaltungs-und Fremdenpolizei über Asylwerber. Wenig später outet er sich als passionierter Laien-Schauspieler. Und auch ein Botschafter im Ruhestand gewährt Einblicke in das oft skurrile Zeremoniell.
Dazu kommen ein Strategie-Spieler, ein Sekretär, ein Referatsleiter der Rüstungsdirektion des Bundesheeres, ein Vertreter des Auswärtigen Amtes, die Inhaberin des Geschäfts „FahnenChristi" (mit einer kleinen, sehr witzigen Flaggenkunde) sowie eine junge Gesangsstudentin aus China, die in Wien lebt und von „Sissi" schwärmt.

EHRLICH
Romy Schneider flimmert prompt über die Leinwand (auf chinesisch); der Laienschauspieler tritt als Kaiser auf. Flaggen werden aufgezogen, Spalierbäume („Jubelkraut") aufgestellt. Landkarten werden markiert; auf Konferenztischen laufen Planspiele ab. Und auch die Black-Box des Kasinos fällt; frischer Wind weht durch die geschichtsträchtige Stätte. Eine Ehrlichkeit des Theaters, ja des dramatischen Augenblicks.
Denn Haug, Kaegi, Wetzel geben ihre „Experten" nie der Lächerlichkeit preis, fügen Anekdoten und Erlebnisse zu einem unterhaltsamen, auch berührendenMosaikbild einer streng und hierarchisch gegliederten Welt zusammen.
Die einzelnen Schicksale fesseln, werden von den Beteiligten sehr charmant präsentiert. Das alles aber folgt einer klugen Dramaturgie, die im Staatschauspiel nach den Menschen sucht. Sehenswert! -


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Schwarzenbergplatz