Das Volk an den Fels gefesselt

Das Theaterkollektiv Rimini Protokoll sucht in "Prometheus in Athen" nach dem Aufstand

18.08.2012 / Hamburger Abendblatt

Hamburg. Die Krise in Griechenland hat viele Gesichter. Eines gehört Konstantina Kouneva. Die Hausmeisterin prangerte als Gewerkschafterin Gesetzeslücken an, ein Säureattentat fraß ihr halbes Gesicht. Auf einem Video trägt eine Freundin ihre zweigeteilte Maske. Kouneva ist eine Heroin, ganz wie der Prometheus des Aischylos.
Gewissermaßen als Rip-Off einer Theaterinstallation von 2010 präsentierte das Berliner Dokumentartheater-Kollektiv Rimini Protokoll jetzt beim Sommerfestival auf Kampnagel "Prometheus in Athen". Auf der Folie des antiken Mythos suchen die Theatermacher bürgernah nach dem Aufbegehren gegen die verdammte Hilflosigkeit. Als "Experten des Alltags" dienen fünf Griechen mit Hamburgbezug aus jenen repräsentativ ausgewählten 103 Athenern, die Helgard Haug und Daniel Wetzel im Herdoeion zusammengerufen hatten, Arbeitslose, illegale Immigranten, Junge und Alte. Sie identifizieren sich mit Prometheus, der mit den Göttern im Clinch liegt, manche auch mit Kratos (Macht), viele mit der von einer Bremse verfolgten Io. Wer hat schon mal an Selbstmord gedacht? Wer würde für die Familie töten? Die Repräsentanten auf Leinwand und Bühne rotten sich unter "Ich" oder "Ich nicht" zusammen, befragen ihre Situation.
Auch wenn das Spiel in diesem Meta-Theater arg ausfranst, die Dringlichkeit der Akteure vermittelt: Hier geht es um alles oder nichts. Mehr kann Theater nicht wollen.


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Prometheus in Athen (Lecture Performance)