Aus erster Hand

Mnemopark von Stefan Kaegi am Theater Basel

Von Dagmar Walser

25.05.2005 / Schweizer Radio DRS2 Aktuell

Die Schauspielerin Rahel Hubacher ist in Bannwil bei Langenthal aufgewachsen. Der Bauernhof ihrer Eltern kommt nun zu besonderen Ehren. Er steht detaillgetreu nachgedbaut nun neben Brücken, Bergen, Dörfern, und sogar einem Golfplatz - mitten in der liebevoll gestalteten Modelleisenbahnlandschaft im Foyer des Theater Basels.

 

Modelleisenbahnbauen ist eine Passion - und vier Personen, die dieser Leidenschaft seit Jahren frönen hat Stefan Kaegi für sein neustes Projekt gecastet. Da ist etwa Herrmann Löhle:

Lokomotiven, Brücken, Landschaften. Die drei Männer haltens mit der Realität. Der eine ist Experte fürs Bündnerland, der andere hats mit dem Schwäbischen. Heidi Ludewig dagegen baut fiktive Landschaften.

Das Spiel mit Fiktion und Realität, Vorstellung und Abbild - dieses Spiel beherrscht Stefan Kaegi aus dem effeff. Ihn interessiert am Theater nicht das "So tun als ob" - sondern die Gratwanderung zwischen "Was ist" und "Was könnte auch noch sein". Dabei ist er im Kern seiner Arbeit ein Journalist, er geht vor Ort, interviewte etwa Hubachers Vater, der sich seit ein paar Jahren nicht mehr um Tiere, sondern nun um Bagger kümmert. Er integriert in die heimattümelnde Modelllandschaft Sex- und Terrorszenen, verschneidet die Landschaft mit den Klisches, die in ihr zu stecken scheinen, -  und baut so an einem inspirierenden Kosmos, der die aktuelle Bauernfrage genauso aufnimmt wie die indische Bollywoodfilmindustrie, die weil in Kaschmir Krieg herrscht, in den Schweizer Alpen dreht. Gespielt wird Realität, parallel dazu entsteht ein Film.

Der Regisseur Stefan Kaegi ist ein professioneller Bastler. Mit den Modelleisenbähnler hat er Verwandte im Geiste gecastet. Und dies haben sich nicht nur die eigene Bühne gebaut, sondern basteln auch während der Vorstellung vornezu weiter. Da entstehen Bäume, da wird aus den Nähkästchen geplaudert und fast nebenbei wichtige gesellschaftliche Themen angeschnitten.  Wie lange fährt ein Stück Fleisch quer durch Europa bis es verkauft wird? Warum gibt es zwar Sicherheitsbeamten aber keine Terroristen als vorgefertigte Figuren für die Bahnlandschaften? Wie sähe die Landschaft aus, wenn es keine Bauernhöfe mehr gäbe? Aber auch: Was findet wer sucht heute auf dem Land?

"Readymades" nennt Stefan Kaegi seine Spieler, ins Theater importierte Spezialisten aus dem Alltag, die nicht mit der Kunst des Schauspiels sondern mir ihrer nur ihnen eigenen Überzeugungskraft auf der Bühne punkten können. Und dies zweifellos tun. Da mag noch einiges an der Premiere verwackelt wirken und das Zusammenspiel ab und an in der falschen Kurve entgleisen - was bleibt ist ein faszinierender Mix aus Erfahrungen und Behauptungen, dem  Abbilden von  Welt und erfundenen Bilderwelten - und nicht zuletzt - viel Wissenswertes aus der Welt der Modelleisenbähnler. Und dies, nicht zu unterschätzen,  aus erster Hand.

 


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