Von Yvonne Poppek und Egbert Tholl
03.11.2025 / Süddeutsche Zeitung Download PDF
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Viel mehr um postkoloniale Macht und Ohnmacht geht es in „This Plot Is Not For Sale“ der „Münchner Theatertexter*innen“ und Gisemba Ursula aus Nairobi. Die schräge Performance mit Hang zum Absurden schert sich weniger um politische Korrektheit, als darum, eine solche Korrektheit als eine oft nur scheinbar echte und tiefe Haltung zu entlarven.
Doch die starken, politischen Pole gibt es bei „Spielart“ selbstverständlich. Stefan Kaegi von Rimini Protokoll hat mit „Dies ist keine Botschaft (Made in Taiwan)“ die Scheinwerfer auf Taiwan gerichtet und von dort aus auf die Welt. Und zwar zwei Abende in der Muffathalle. Keine Schauspieler, sondern drei „Experten des Alltags“ stehen auf der Bühne: David Chienkuo Wu, ein ehemaliger Botschafter, Chiayo Kuo, Gründerin einer NGO, und Debby Szu-Ya Wang, Erbin einer Bubble-Tea-Dynastie. Es geht um die Folgen, die die Ein-China-Politik für Taiwan hat, die etwa keine offizielle Anerkennung in vielen Ländern bedeutet.
„Dies ist keine Botschaft“ ist ein Abend, der einerseits den Regeln des Dokumentartheaters folgt und unfassbar viel Material und Informationen auf das Publikum einwirken lässt. Andererseits findet es eine sehr theaterpraktische und witzige Umsetzung: Eine Botschaft soll nun eben in der Muffathalle eröffnet werden. Welche Folgen hat das wirtschaftlich für Deutschland? Tragen das alle mit? Und wie überhaupt soll die Fahne ausschauen, welche Hymne wird gespielt, ist es die Vertretung von Taiwan oder die der Republik China?
Die drei auf der Bühne sind sich in vielem nicht einig und suchen doch ge- meinsam ein Ziel. Diplomatie live auf der Bühne, so friedlich wie man sie sich oft wünschte. Die Performance weitet den Blick, nach Taiwan und wie- der zurück. So wie „Spielart“ insgesamt den Horizont wieder ein Stück verschoben hat.