Holy Shit

Dokumentarische Sound- und Videoinstallation

Von Stefan Kaegi / Caroline Barneaud

Sind wir was wir essen? 
Wie beeinflussen die Bakterien in unserem Darm unsere Entscheidungen?
Und was haben Vulkane damit zu tun?
 
Lange sah es so aus, als sei das Gehirn das einzige Zentrum unserer Identität. Unser Darm war eine Black Box wie das Innere unserer Erde. Aber neue Studien und Technologien verschieben den wissenschaftlichen Fokus auf unseren Bauch. Und Neurowissenschaftler machen sich an die Entschlüsselung der Signale aus unserem Darm.
60 Jahre nachdem der italienische Konzeptkünstler Piero Manzoni 30g „Künstlerscheisse“ zum Goldpreis verkaufte, ist Scheisse so nicht mehr nur organischer Abfall, sondern auch Dünger, Heiz- oder Baumaterial - und vor allem: Information. Ärzte diagnostizieren aus Stuhlproben Krankheiten und bringen die Bakterien in unserem Enddarm mit der Psyche in Verbindung. Proben aus dem Kanalisationssystem ermöglichen Rückschlüsse auf Drogenkonsum in bestimmten Wohnvierteln, und Rückstände in antiken Latrinen einen neuen Einblick ins Leben in der römischen Kaiserzeit. 
Während so unser Innenleben immer sichtbarer wird, leben wir auf einem Planeten, dessen Inneres kein Mensch je gesehen hat. Geolog*innen nehmen Bodenproben oder versuchen aufgrund von Lava, Meteoriten und Erdbeben zu vermuten, was im Kern der Erde vor sich geht. Und siehe da: Auch hier stossen sie auf das Werk von Bakterien.

Caroline Barneaud und Stefan Kaegi haben während ihrer Residenz in der Villa Massimo in Rom Expert*innen aus so unterschiedlichen Feldern wie Archäologie, Ernährungswissenschaften, Klimapaläontholgie, Gastroenterologie getroffen und sich auf den Weg in die Cloaca Maxima und andere Unterwelten gemacht.
Sie stiessen auf eine Pianistin, die ihre epileptische Anfälle mit einer speziellen Diät unter Kontrolle zu bringen versucht und auf einen Geologen, der Lavasteine als Exkremente aus dem Inneren unseres Planeten analysiert. Für „Holy Shit“ schluckten beide je eine Kamera in Pillengrösse unter Aufsicht eines Arztes und kamen ins Gespräch – während die Kameras ihren Körper durchquerte. 
 
Die Videoinstallation „Holy Shit“ zeigt die beiden Protagonisten von innen. 
Das Publikum bewegt sich in der Installation zwischen medizinischem Gerät, Zeichnungen und Fossilien auf der Suche nach den Überresten dieses Gesprächs über Erdbeben und epileptische Anfälle, allmächtige Mikroben und geologische Zeiträume… 
 
 
Konzept und Inszenierung: Caroline Barneaud and Stefan Kaegi (Rimini Protokoll)
Stimmen: Isabelle Joos, Prof. Salvatore Oliva, Andrea De Blasio Pinchera
 
Beratung: Mikko Gaestel, Paola Di Mitri - Künstler*innen, Rosalia Pasqualino di Marineo - Director of fondazione Piero Manzoni, Karell Callens, Senior advisor FAO - Microbiome, Massimo Spizziri - Head of sewers and depuration Acea SpA, Dott.ssa Elisabetta Bianchi - sovrintendenza Capitolina ai beni culturali - Cloaca Maxima, Prof Christiano Spada, Prof.ssa Maria Elena Riccioni, Prof. Guido Costamagna - Gastroenterologists at Policlinico Gemelli, Dott.ssa Patricia Ricca - conservator of Biblioteca Lancisiana, Prof. Fausto Fiocca, gastroenterologist, Prof. Paolo Ballato - geologist - uniroma3, Umberto Pagliusi - Medtronic - und das Team der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom. 
 
Produktion: Accademia Tedesca Roma - Villa Massimo. 
Mit freundlicher Unterstützung durch: Medtronic.