Wenn man sich nur selbst spielen muss

By CHRISTOPH MATHIEU

29.01.2008 / Kölnische Rundschau

Applaus ist das Brot des Künstlers. Doch obwohl sie zehn Auftritte als Laiendarsteller in dem Stück „Cargo Sofia-Köln“ des Schauspiels absolviert haben, wollen die Autobahnpolizisten Hermann-Josef Bougé und Thomas Fiala auf ihr „Brot“ lieber verzichten. Dabei sind die beiden nicht wirklich schüchtern - das könnten sie sich in ihrem Beruf auch gar nicht leisten. Nein, ihnen geht es um etwas anderes.
Das Stück von Stefan Kaegie, das am Freitag schon zum letzten Mal in Köln aufgeführt wurde, spielt in einem Lkw, mit dem je 47 Fahrgäste zwei Stunden lang durch Köln gefahren werden. Eine Wand des Lkw ist verglast, die Zuschauer erleben Szenen an verschiedenen Schauplätzen. Das Stück handelt von den beiden Lkw-Fahrern Nedyalko Nedyalkov und Ventzislav Borissov, die ihre Fracht nach Köln bringen. Die Fahrt endet vor dem Dom.

Während sich Nedyalkov, Borissov und die Sängerin Stanka Wecheva nach dem Ende des Stücks vor dem Dom verbeugen, zieren sich die Polizisten. „Applaus ist nicht nötig, wir haben das doch gerne gemacht“, sagt Bougé. Armin Leonie, Produktionsleiter des Stücks, ermutigt die beiden: „Jetzt kommen Sie schon, es ist doch der letzte Abend. Eine andere Gelegenheit gibt es nicht.“ Als sie sich schließlich doch verbeugen, besteht Bougé darauf, fürs Familienalbum fotografiert zu werden.

Warum Bougé - immerhin auch im wirklichen Leben Hauptkommissar der Autobahnpolizei - und sein Kollege Fiala in diesem Aufsehen erregenden Stück mitspielen durften? Regisseur Jörg Karrenbauer hatte sich einfach bei der Autobahnpolizei Köln gemeldet - die Laienschauspieler sollten ja möglichst realistisch sein. Ihren großen Auftritt hatten sie in der Mitte des Stücks: Bougé winkt den Lkw von der Autobahn herunter und kontrolliert mit dem Kollegen Fiala die Fracht. „Ich konnte mir anfangs überhaupt nicht vorstellen, wie das Konzept funktionieren soll, in einem Lkw eine Theatervorstellung laufen zu lassen“, gibt Bougé zu. „Doch nach der ersten Probe war ich fasziniert.“

Eigentlich sind die beiden Polizeibeamten Theatermuffel. „Dass Theater so spannend sein kann, hätte ich nicht gedacht“, meint Fiala. „Und dass ich mal in einem Stück mitwirken würde, erst recht nicht.“ Doch die beiden spielen nicht fürs Theater, sondern für die Polizei. „Das Projekt ist schließlich eine tolle Werbung für uns. Wir können dem Publikum von unserer Arbeit erzählen und Tipps zur Verkehrssicherheit geben. 500 Leute haben das Stück gesehen. Wenn jeder von ihnen vier Bekannten von uns erzählt, haben wir 2000 Leute erreicht.“

Wehmütig seien die beiden am letzten Abend nicht, betonen sie. Doch sie tummeln sich noch auffällig lange beim Publikum, das nach zwei Stunden Fahrt am Schauspielhaus abgesetzt wird. „Sie haben wirklich ganz toll gespielt“, wird Bougé von einer Zuschauerin gelobt. Er habe doch gar nicht gespielt, betont der Polizist. Stimmt ja auch. Er lächelt trotzdem stolz.



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