Bodenprobe Kasachstan

Rechercheprojekt von Rimini Protokoll

By Christian Fillitz. Textfassung: Joseph Schimmer

18.06.2011 / http://oe1.orf.at/artikel/279383

Die Gruppe Rimini Protokoll macht seit über zehn Jahren immer wieder mit ungewöhnlichen Projekten auf sich aufmerksam und sucht neue Zugänge zum Theater. So auch in "Bodenprobe Kasachstan", einem Stück, dem zwei Jahre Recherche vorangegangen sind.
Kasachstan ist ein Land, fast so groß wie Indien ist und mit nur etwa doppelt so vielen Einwohnern wie Österreich hat. Mit dem Fall des Sowjetreiches wurde es unabhängig und verdankt seinen Reichtum ergiebigen Öl- und Gasvorkommen. Heute wird das Land mit eiserner Hand von Präsident Nasarbajev geführt.
Bewegte Geschichte
Neben dem Erdöl, das sich verschiedene internationale Ölkompagnien, auch die Österreichische OMV aufteilen, werden in "Bodenprobe Kasachstan" unterschiedliche Aspekte der Geschichte des Landes behandelt, wie das Schicksal der Deutschen Minderheiten in Russland und Kasachstan, die erst von Hitler nach Deutschland geholt wurden, dann von Stalin wieder in die Sowjetunion, um dann von Kanzler Helmut Kohl wieder nach Deutschland gelotst zu werden. Dazu kommt, dass Kasachstan auch der Boden für die sowjetischen Atomversuche war, und dort auch das Raumfahrtszentrum Baikonur steht.
Exemplarische Schicksale
Die Bühne besteht aus einer großen Leinwand, wo Landschaftsaufnahmen, Videos von Bohrungen und Interviews gezeigt werden, oft in Dialog mit den fünf Akteuren - zwei Frauen und drei Männer- die dann auch ihre Geschichten erzählen.

Die fünf Akteur/innen repräsentieren Einzelschicksale, die paradigmatisch für größere Zusammenhänge stehen: Helene etwa sah die Raketen von Baikonur aufsteigen, heute arbeitet sie in Hannover für eine russische Fluglinie, die Mühe hat, die hohen Spritkosten zu bezahlen. Heinrich wuchs in einem Waisenhaus in Semipalatinsk auf, wegen der Nachwirkungen der über 400 Atomversuche hat er einen Teil seiner Familie verloren. Und Elena etwa hat als Kind den Bürgerkrieg in Tadschikistan erleben müssen.
Erfolgreiche Premiere
"Bodenprobe Kasachstan" ist eine gelungene Mischung aus Videoprojektionen, Erzählungen, Musik und Performance, der eine zweijährige journalistische Recherche und Casting-Suche vorangegangen ist. Stefan Kaegi wollte eine unmittelbarere Form der Darstellung, als das in Zeitungsartikeln oder Dokumentarfilmen der Fall ist, wo es immer eine gewisse Distanz zum Geschehen gibt.

Dem Publikum hat es jedenfalls gefallen. "Bodenprobe Kasachstan" wird noch bis inklusive 18. Juni in der Halle G des Museumsquartiers gegeben.
 


Projects

Bodenprobe Kasachstan (Soil Sample Kazakhstan)