Oberhausen als Bühnenbild hinter Glas

Von Ralph Wilms

06.04.2016 / WAZ

www.derwesten.de

 

Oberhausen. 15 Fahrten der „Truck Tracks Ruhr“ starten vom 21. April an vom Theater. Straßenbild und Klänge verbinden sich zu fünfminütigen Inszenierungen.

Ein Lastwagen nur – aber anstelle einer Plane glänzt der Pritschenaufbau mit einer zweieinhalb mal zehn Meter großen Fensterfläche aus verspiegeltem Glas. 47 Gäste können, sicher angeschnallt auf ihrer fahrbaren Tribüne, vom 21. April an hinausschauen ins pralle Oberhausener Stadtleben: Für jeweils fünf Minuten sind die Passanten draußen unbezahlte Schauspieler im Ensemble der „Truck Tracks Ruhr“ . Dann geht’s weiter zur nächsten von sieben Stationen der abendlichen Rundfahrt.
49 Künstler für 49 Schauplätze

Ausgangspunkt für die kommende Kreation der vielfach preisgekrönten Gruppe „Rimini Protokoll“ war eine zweijährige Tour in einem (unglamourös unverspiegelten) Lastwagen mit zwei bulgarischen Fernfahrern. Stefan Kaegi, der als einer der vier Köpfe von Rimini Protokoll auch das Oberhausener Gastspiel der „Truck Tracks“ kuratiert, ließ damals seine Helden der Fernstraßen berichten von einem Leben auf der Langstrecke zwischen Sofia und Rotterdam.

Aus diesem „Cargo Sofia-X“-Projekt entwickelten die Theater-Querdenker von Rimini Protokoll im Auftrag der Urbanen Künste ihren mobilen Zuschauerraum weiter zu „Truck Tracks Ruhr“: jeweils sieben Hör-Stationen an sieben Orten, zu erleben während eines ganzen Jahres vom 21. April 2016 bis April 2017 in sieben Städten des Reviers: Als Kuratoren verpflichteten die Rimini Protokollanten so in der Summe ein Großaufgebot von 49 Künstlern. Die kommen aus Buenos Aires, wie Mariano Pensotti, aus Hongkong, wie Enoch Cheng, oder aus Oberhausen, wie Regisseur Martin Kindervater. Kenner und staunende Revier-Anfänger sollen sich finden. Den Kuratoren halfen eigens „Locationscouts“, um die 49 Künstler zu 49 Schau-/Parkplätzen zu führen: zu den Bühnenbildern ihrer Klang-Inszenierungen.

Für jeweils fünf Minuten blickt das Publikum vom ausgewählten Schau-Platz auf die Stadt-Statisterie und hört dazu: Musik, Text, Soundcollage oder Hörspiel. „Aus Bild und Ton“, so die Urbanen Künste, „entsteht eine Inszenierung des Ortes und seiner zufälligen Passanten. Nach fünf Minuten schließt sich der Vorhang.“

Als „Single“ oder als „Album“
Das lässt sich tagsüber gratis als „Single Track“ erleben, dann parkt der Truck am Theater, oder abends gegen Eintritt als „Album“-Rundfahrt zu sieben Stationen. Dann dürfte auch die als „Roadmovie“ angekündigte Fahrt zwischen den Stationen zum Erlebnis werden. Für diese „Transits“ wurde eigens bei zwei Musikern/ DJs eine Komposition in Auftrag gegeben.

Zwei Testphasen absolvierte der gläserne Laster 2015. Die zweite Test-Tour im Oktober galt bereits der „bühnentechnischen“ Feinabstimmung: nach Sonnenstand und Sichtlinien bis zu Parkgenehmigungen und Stromzufuhr. Das Test-Publikum gab laut Urbane Künste „viel positives Feedback und die Nachfrage nach Tickets war deutlich größer als das Angebot“.


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